An einem Flussufer auf einer Wiese, auf der viele Obstbäume stehen und die übersät ist von heruntergefallenem Obst, lassen sich diese Leckereien in den Herbsttagen auch unsere Helden nicht entgehen. Schließlich haben sie gelernt, wo es etwas zu futtern gibt. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Als unsere drei Wespenkinder auf jener Wiese ankommen, finden sie nicht nur Obst. Nein, da sind noch andere Tiere unterwegs. Sie haben große braune Flügel mit einem roten Band und kleinen weißen Punkten. Es sind Schmetterlinge. Ihnen schmeckt es auch, was kaum zu überhören ist.
„Das sind ja viele. Die habe ich noch nie hier gesehen. Was machen die hier?“, wollte Leo von seinen Schwestern wissen.
„Das gleiche wie wir. Sie haben Hunger“, antwortet Liesel und freut sich.
„Hauptsache, es reicht für uns“, bemerkt Leo. Er hat sicher gedacht, die drei wären allein. Aber so eine tolle Futterquelle ist für alle da und bleibt nicht lange unentdeckt.
„Leo, es ist ja mehr als genug da. Das schaffen wir nie und nimmer. Außerdem: schon mal was vom Teilen gehört?“ Liesel schüttelt ein bisschen ihr Köpfchen.
„Ja, ja, du hast ja recht“, Leo ist es ein bisschen peinlich.
„Können wir?“, fragt Lotti ungeduldig.
„Ja, natürlich“, antwortet Liesel – und so futtern sich unsere drei ihre Bäuchlein voll. Es ist wirklich genug Obst für alle da.
Beim Flug von einem Apfel zum nächsten landen Liesel und einer dieser Flattermänner auf demselben Apfel. Sie sehen sich an.
„Wer bist du denn?“, möchte Liesel wissen und geht ein Stück zurück – vorsichtshalber.
„Ich heiße Vanessa und bin ein Edelfalter. Andere kennen mich als Admiral.“, antwortet der schöne Schmetterling freundlich. „Und wer bist du?“, fragt Vanessa lächelnd.
„Ich bin die Liesel und die Zweibeiner nennen uns Wespen“, Liesel lächelt zurück und kommt wieder ein Stück näher.
„Ahhh, okay“, bemerkt der Schmetterling und hebt staunend sein Köpfchen.
Nach einem kurzen Moment findet Liesel: „Schmeckt gut hier“. Sie möchte sich ein bisschen unterhalten und so antwortet Vanessa: „Ja, es ist wirklich toll hier. Und alle haben genügend zu essen. Aber wir sind nur noch heute hier.“
„Aber warum denn?“, Liesel wird mit einem Mal ganz traurig. Sie hat eine neue Freundin gefunden und nun soll es schon wieder vorbei sein? „Das ist wirklich sehr schade. Warum denn?“, fragt Liesel.
„Es wird langsam kalt hier und unsere Zeit ist gekommen, in wärmere Gefilde zu fliegen. Genauso wie manche Vögel.“ Vanessa sieht, dass Liesel traurig ist und tröstet sie: „Wenn es wieder wärmer wird, kommen wir zurück. Und dann sehen wir uns wieder. Wenn die ersten Blumen blühen, komme ich hierher zurück. Versprochen!“ Liesel lächelt nun wieder.
„Siehst du die vielen Schmetterlinge?“, fragt Vanessa. Liesel blickt sich um. Ein einziges Geflatter ist das. „Wir alle fliegen weg. So können wir auch mal unsere Verwandten wiedersehen. Das ist immer ein großes Hallo“. Vanessa freut sich auf die neue Zeit in dem Land, wo es warm ist.
„Ich wünsche dir und deiner Familie eine gute Reise und freue mich, wenn wir uns wiedersehen.“ Die beiden drücken sich. Es ist schon etwas Besonderes: ein Schmetterling umarmt eine Wespe.
„Ich muss zu meiner Familie. Es war sehr schön, dich kennengelernt zu haben, Liesel. Und wir sehen uns wieder!“. Vanessa gibt Liesel zum Abschied noch einen kleinen Schmatzer auf die Wange und schwingt ihre Flügel auf – und weg ist sie.
Leo und Lotti haben zunächst gar nichts mitbekommen von dieser besonderen Begegnung. Dann aber fliegen sie zur Liesel, die etwas traurig guckt.
„Was ist los?“, möchte Lotti wissen.
Liesel erzählt ihnen, dass sie eine neue Freundin gefunden hat, die aber nun wieder diese Gestade verlassen muss. Weil Vanessa nur dort leben kann, wo es schön warm ist. „Ach, könnte sie doch nur bleiben“. Liesel ist noch immer traurig.
„Ja, naja, wenn man jemanden lieb hat, muss man ihn gehen lassen, wenn es eben sein muss. Du wärest traurig, wenn es ihr hier nicht gut ginge“, seufzt Lotti.
Liesel ist erstaunt über so viel Weisheit. „Du hast recht. Und außerdem kommt sie zurück, wenn es warm ist“. Liesel geht es mit einem Mal wieder besser. Sie freut sich, wenn es Vanessa gut geht und außerdem sehen sie sich wieder.
Die drei packen noch ein bisschen Obst für zu Hause ein und dann geht es wieder zurück zur Mama.
Über den Winter hinweg muss Liesel sehr oft an Vanessa denken.
Als das Frühjahr kommt und damit all jene, die in der Wärme überwintert haben, möchte Liesel unbedingt zu der Wiese zurück, auf der sie Vanessa kennengelernt hat.
„Wir kommen mit.“, rufen Leo und Lotti.
Und tatsächlich: als sie auf der Wiese ankommen, sitzt Vanessa und schlägt ganz aufgeregt mit ihren Flügeln, als sie das Trio entdeckt. „Hier bin ich!“, ruft sie.
Das war vielleicht eine Wiedersehensfreude.
„Na, habe ich zu viel versprochen?“. Liesel und Vanessa umarmen sich ganz doll – und auch Leo und Lotti freuen sich über diese Begegnung.
„Ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen“, sagt Lotti. „Wir sehen uns dann wieder.“. Leo und Lotti lassen die beiden allein. Liesel und Vanessa haben sich wirklich viel zu erzählen. „Erzähl mir doch bitte, wie es dir ergangen ist.“, möchte Liesel wissen. Und Vanessa erzählt von ihrem Winter in einem fernen schönen Land…
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