Wer ist die geheimnisvolle Frau aus der Luxussuite? – Kapitel 3

Zur gleichen Zeit in Riga –

fährt ein Auto der örtlichen Polizei vor ein herrschaftliches Anwesen – jenes Anwesen, das dem äußerst vermögenden Kunsthändler und seiner Frau Amalia gehört. Zwei Polizeibeamte steigen aus ihrem Auto – ein älterer, stabil gebauter Herr mit Hut und ein jüngerer – ihre Blicke schweifen über das großzügige Haus, das auf einem schön bepflanzten Hügel steht. Das mondän geschwungene Eisentor ist verschlossen, die zahlreichen Überwachungskameras lassen die Beamten vermuten, dass dieses Haus an Sicherheitsvorkehrungen nichts zu wünschen übrig lässt. Beim Blick auf die Klingel fällt ihnen jedoch auf, dass kein Name an eben dieser angebracht ist.

„Nun ja, das muss es aber sein…“ sagt der eine Beamte und betätigt die Klingel. „Wahrscheinlich zur Sicherheit – für noch mehr Sicherheit…“, bemerkt der Kollege.
„…soll bestimmt keiner wissen, dass die hier wohnen“. Nochmaliges Klingeln, jedoch meldet sich keiner am anderen Ende der Wechselsprechanlage. Die beiden Beamten geben auf und wollen in ihr Fahrzeug steigen, als sie im Nachbargrundstück eine Frau bei der Gartenarbeit bemerken.
„Junge Frau, Sie entschuldigen…“ ruft der eine Beamte von weitem. Die junge Frau unterbricht ihre Arbeit und kommt ihnen ein Stück entgegen. „…wir sind von der Polizei und haben ein paar Fragen…“ setzt er seinen Satz fort.
„Sind Sie der Chef?“, fragt sie diesen Beamten.
„Ja, woher wissen Sie…?“ fragt er etwas verdutzt und schaut fragend zu seinem jüngeren Kollegen.
„Sie haben einen Hut auf, daher war ich der Annahme, Sie sind der Chef…“ antwortet sie wissend.
„Ah, okay“ – sie stellen sich trotzdem mit ihren Dienstausweisen vor und fragen die Nachbarin, ob sie etwas wüsste über den Verbleib der jungen Frau im Nachbar-Anwesen.
„Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe sie seit Tagen nicht gesehen. Ich weiß nur, dass er ganz plötzlich verstorben ist, aber was und wie – keine Ahnung. Die waren immer ein bisschen für sich. Zumindest was die Nachbarn angeht. Ansonsten haben sie es ja ordentlich krachen lassen“ antwortet die junge Frau.
„Wie meinen Sie das – krachen lassen?“ fragt der junge Beamte und notiert Gesagtes auf seinem Zettelblock: „Naja, die wussten, wie man feiert… Hier sind ständig Leute ein- und ausgegangen. Da sah ja keiner mehr durch…“. Beim Notieren überlegt der Beamte kurz, ob er den letzten Satz aufschreiben sollte…
„Okay. Vielen Dank. Ach, und wenn Ihnen sonst noch etwas einfällt, können Sie mich gerne anrufen“ – der Beamte mit dem Hut überreicht ihr seine Visitenkarte. Die junge Frau liest das Kärtchen und steckt es in ihre Schürzentasche.

„Wir kommen morgen noch mal her. Wenn keiner öffnet, müssen wir zusehen, dass wir reinkommen. Nicht, dass sie im Haus liegt oder sonst was passiert ist. Im Moment können wir nichts machen. Immerhin ist sie eine erwachsene Person, sie kann ja auch auf Reisen sein – oder so.“ Mit einem letzten Blick auf das Anwesen fahren die Beamten wieder.

Am nächsten Tag kommen die beiden Herren mit weiteren Kollegen. Nach dem Klingeln öffnet abermals keiner, so dass sie sich nun Zugang zum Grundstück verschaffen. Als sie über den breiten Treppenaufstieg mit seinen in Putten eingefassten Lampen zum Haus kommen, schauen sie in die bis zum Boden reichenden Fenster hinein. Nichts Auffälliges. Auch nicht beim Rundgang um das Haus. „Vielleicht oben?“, der Chef-Kommissar zuckt mit den Schultern. „Sie kann ja in einem der oberen Räume liegen…“. So öffnen sie gekonnt die Eingangstür, aber was sie zu sehen bekommen, verschlägt ihnen die Sprache. Bourgeoisie vom Feinsten! Mit Schutzüberziehern für die Schuhe begehen sie das Haus.
„Donnerwetter, so etwas habe ich noch nicht gesehen“ bemerkt der leitende Ermittler und besteigt gemeinsam mit seinen Kollegen die Treppe zu den oberen Räumen. Nachdem alle Zimmer nach dem Verbleib der jungen Frau Amalia erfolglos besichtigt wurden, steigen sie wieder in das Wohnzimmer ab.

„Halloooo? Wer sind Sie?“ fragt ein junger Mann, der zur Tür hereingestürmt kommt. „Was soll das?“ fragt er entrüstet.
Der Kommissar stellt sich mit seinem Dienstausweis vor: „Mein Name ist Popow. Wir sind von der örtlichen Polizei. Und Sie sind…?“
Der junge Mann antwortet, er sei Dimitri und der Bruder des Verstorbenen. Auf die Frage nach dem Verbleib seiner Schwägerin Amalia kann dieser ebenso wenig Auskunft geben wie am Vortag schon die Nachbarin. „Aber wie kommen Sie darauf, dass Sie hier einbrechen dürfen?“, fragt er den Beamten.
„Wir wurden beauftragt, nach Amalia zu sehen, bzw. herauszufinden, was mit ihr geschehen ist. Und als keiner geöffnet hat, mussten wir uns Zugang verschaffen. Immerhin hätte sie hier irgendwo verletzt oder tot liegen können!“ antwortet er.
„Beauftragt? Von wem?“ fragt Dimitri.
„Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Aber vielleicht können Sie mir sagen, wie Ihr Verhältnis zu Ihrem Bruder und Ihrer Schwägerin war beziehungsweise ist?“ fragt Kommissar Popow.
„Wir haben ein gutes Verhältnis“ versichert Dimitri.
„Nun, wie wir erfuhren, wird Ihre Schwägerin all das hier allein erben. Von den Millionen auf diversen Konten ganz zu schweigen.“ Eindringlich beäugt er Dimitri, der antwortet: „Ja, klar. Ich weiß“ antwortet dieser achselzuckend.
„Und das macht Ihnen nichts aus? Ich meine: sehen Sie sich um. Das ist doch unfassbar!“ Der Kommissar läuft zu einem der zahlreichen Kunstobjekte und fragt nach einer kurzen Pause: „Was zum Henker ist das alles wert? Kann man das überhaupt beziffern? Ich habe sowas noch nicht gesehen. Ehrlich… Zumindest nicht in einem Privathaushalt. Das ist schon beachtlich!“ Anerkennend schweift des Kommissars Blick über das gesamte Wohnzimmer mit all seinen unfassbar teuren Möbeln, Statuen und Gemälden.
„Möchten Sie weiterschwärmen oder kann ich Ihnen noch irgendwie helfen?“, fragt Dimitri ungeduldig.
„Ääähm, nein, wir sind hier erst mal fertig“, antwortet der Kommissar und gibt Dimitri ebenfalls ein Kärtchen für den Fall, dass ihm etwas einfällt oder Amalia sich bei ihm meldet.

Die Beamten verlassen das Grundstück und mit ihnen Dimitri.

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