Liesel und ihre Geschwister sind, wie ja jeden Tag, auf Nahrungssuche. Bei ihrem
Rundflug kommen sie natürlich auch wieder auf dem Balkon von Susann und René
vorbei. Eine verlässliche Adresse in Sachen Hackepeter. Aber was ist denn da
los? Nichts ist los, denn der gestreifte, geflügelte Hackepeter-Fanclub kommt zu
spät. Viel zu spät! Inzwischen herrscht schon rege Betriebsamkeit und wie sie
feststellen müssen, nicht nur bei den Zweibeinern. Sie fliegen in einen der
zahlreichen Balkonkästen, um sich Blütenstaub zu holen. Aber sehen sie, dass da
richtig was los ist. Geradezu Panik.
„Was ist das?“, fragt Lotti und bevor noch einer der Geschwister antworten
kann: „Was in aller Welt machen die da?“
„Keine Ahnung“. Leo zuckt mit seinen Flügelchen.
„Das sind Ameisen“, antwortet Liesel verwundert.
„Was hier? Wohnen die nicht sonst woanders?“ fragt Lotti erstaunt.
„Sie wohnen bestimmt immer dort, wo sie alles finden, was sie so brauchen“.
Liesel kam sich sehr schlau vor. Und das ist sie auch, schließlich ist sie die
große Schwester und muss es ja wissen.
„Naja, und wenn sie hier bleiben, haben die Zweibeiner gewiss ja nichts
dagegen. Irgendwo müssen sie ja leben!“, setzt sie ihre Weisheit fort.
„Ja, okay, das verstehe ich. Aber was schleppen die mit sich herum? Und wieso
rennen die überhaupt so? Da wird mir ja ganz schwindelig vom Hingucken!“ Leo
hat viele Fragen, Liesel aber ahnt und freut sich: „Da sind ihre Babys drin.
Das sind ihre Eier.“
„Ja, aber guck mal: das sind ja irre viele Ameisen und die rennen kreuz und
quer und jede schleppt so ein Ei! Was ist da bloß passiert?“, Leo zeigt auf
die Ameisen und versteht das alles nicht.
„Das weiß ich auch nicht. Wir können ja mal fragen.“ Liesel zuckt mit ihren
Flügelchen und möchte zu den Ameisen, da hält Leo sie zurück. „Du Liesel,
nicht so schnell. Was meinst du, können wir die essen?“ Er schielt dabei auf
eine der emsig arbeitenden Ameisen.
„Nee…, sag‘ mal…“, Liesel klopft Leo mit einer Hand gegen sein Ärmchen
und schüttelt mit dem Köpfchen und bekommt direkt eine Zornesfalte auf ihre
kleine Stirn.
„Naja, an denen wäre sowieso nicht viel dran.“, stellt Leo fest und gibt
sich zufrieden.
Liesel stupst eine der Ameisen an und fragt, was sie da tun.
„Wir bringen unsere Babys in Sicherheit! Hier kann man sich offenbar auch nicht
mehr sicher sein!“ Die Ameise ist empört und guckt dennoch ganz traurig.
„Hm, aber sonst sind die Zweibeiner hier ganz nett. Sie stellen uns schon auch
mal leckeren Hackepeter zurecht.“, versucht Liesel die beiden Menschen zu
verteidigen.
„Tjaaa, da habt ihr ja nochmal Glück gehabt!“, antwortet die Ameise.
„Ja, aber sag‘ mal, was ist denn passiert?“. Liesel möchte es nun ganz
genau wissen, denn sie kann nicht glauben, dass die Zweibeiner die fleißigen und
sehr nützlichen Ameisen einfach so vertreiben würden.
Die Ameise schaut Liesel an und sagt weiter: „Ich habe es gar nicht so richtig
mitgekriegt. Die anderen riefen auf einmal, dass die Babys wegmüssen und dass
hier gebuddelt wird. Das, was vorher hier in der Erde war, haben sie
rausgenommen. Naja, und nun ist zwar was Neues drin, aber wir haben die Arbeit.
Nun summt und brummt es hier noch ein bisschen mehr. Wahrscheinlich eine seeehr
anziehende blühende Schönheit.“
„Nu ja, wenn es summt und brummt ist das doch toll.“ Liesel versteht noch
immer nicht das Problem.
„Mein Mädelchen, die haben hier alles umgebuddelt und so lagen die Babys im
Freien. Das geht natürlich gar nicht! Das bringt unsere ganze Familie in
Gefahr!“, erklärt die Ameise.
Mittlerweile wird sie schon schief von ihren vielen Geschwistern angesehen.
„Los, Anni, wir müssen ranklotzen, sonst können wir die Babys nicht mehr
retten.“, ermahnt eine ihrer Schwestern.
„Du hörst ja, ich muss weiter und habe alle Hände voll zu tun! Es war mir
eine Ehre!“ Anni, die Ameise saust mit ihrem Ei ins Erdreich.
Liesel und ihre Geschwister schauen neugierig hinterher, da werden sie fast von
den anderen fleißigen Ameisen überrannt.
„Platz da!“ ruft die eine und eine andere schreit: „Aus dem Weg!“.
So fliegen unsere drei sicherheitshalber auf die Blüten. Sie sind sehr fasziniert von der Emsigkeit der Ameisen und im Handumdrehen war es so, als sei nie etwas geschehen. Alle Ameisen sind im Balkonkasten mit ihren Eiern verschwunden. Alle weg! Nichts erinnert mehr an Panik und Chaos.
„Donnerwetter! Das war ja stark! Ein cooler Trupp“, sagt Leo anerkennend.
Und bei Liesel dämmert es: „Ich habe verstanden, was da passiert ist. Ihr
Zuhause wurde kaputtgemacht, bestimmt nicht mit Absicht, aber diese Familie hat
die Gefahr erkannt und alle haben zusammengehalten und gerettet, was zu retten
war. Das ist eigentlich wie bei uns zu Hause!“.
„Und nun ist alles wieder gut?“, wollte Lotti wissen.
„Scheint so.“ Zumindest ist seitdem Ruhe bei Familie Ameise.
„Und die wollte ich essen…“. Leo verzog etwas peinlich gerührt seinen
Mund.
Und im Stockwerk oben drüber, auf der neuen Pflanze mit ihren schönen Blüten,
summen und brummen nun die Bienen, Hummeln, Wespen und auch Grashüpfer und Schmetterlinge.
Und auch unsere drei Wespenkinder holen sich ihre Tagesration Blütenstaub ab und fliegen wieder nach Hause. Es gibt ja schließlich etwas Tolles zu erzählen.
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