Der heutige Tag führt Liesel und ihre Schwester Lotti über Obstbäume hinweg. Im Sommer hängen dort die leckersten Kirschen. Auch kleinen Wespen schmecken diese kleinen roten Delikatessen, die so zahlreich an den Bäumen hängen.
Unsere beiden Heldinnen geht es da nicht anders. Liesel kostet an einer Kirsche und sagt „Hmmmm, lecker“ zur Lotti. „Wir müssen auch etwas mit nach Hause nehmen“.
„Hmmm“, bestätigte Lotti und kostete ebenfalls. Da fiel Liesel ein: „Lotti, darfst du das überhaupt essen? Bekommst du nicht immer Bauchweh von den Kirschen?“ Lotti überhörte ihre Schwester und ließ es sich schmecken.
‚Okay‘, dachte sich Liesel und aß weiter.
Beide schnitten sich noch transportable Größen für zu Hause zurecht und flogen los.
Es dauerte nicht lange und Lotti hing etwas hinterher.
„Wo bleibst du?“, fragte Liesel.
„Flieg du mal schon weiter, ich komme nach“ antwortete Lotti und musste ganz schön laut werden, denn Liesel war inzwischen ziemlich weit weg. Aber sie kehrte um und fragte Lotti: „Was ist mit dir? Du bist so blass. Bist du krank?“ „Ach nichts“, schwindelte Lotti. Sie wusste ganz genau, dass sie die Kirschen hätte gar nicht essen dürfen. Aber nun tat ihr fürchterlich der Bauch weh und schlecht wurde ihr obendrein.
Liesel kannte ihre Schwester nur zu gut und ahnte, was passiert war.
„Was meinst du, schaffst du es bis nach Hause?“.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Lotti und sie wurde immer blasser.
„Ich glaube, ich muss mal runter“.
„Okay“, antwortete Liesel und beide flogen auf den Erdboden.
„Du kannst ruhig mit mir schimpfen“, jammerte Lotti.
„Das bringt jetzt auch nichts“, meinte Liesel und drehte sich weg, denn Lotti brachte die Kirschen wieder heraus… ihr ging es wirklich nicht gut…
Liesel konnte ihren Ärger aber doch nicht zurückhalten.
„Doch, Lotti… warum hast du denn die Kirschen gegessen? Du weißt doch ganz genau, dass du sie nicht verträgst. Wie kann man nur so duss… naja… blöd sein?“. Liesel war sauer.
„Ja, dusslig, wolltest du sagen.“ Lotti tat der Bauch ganz entsetzlich weh. „Und du hast ja recht. Ich weiß das ja auch. Aber die schmecken mir so.“ Lotti versuchte, sich zu verteidigen, wusste aber, dass das alles hätte nicht sein müssen. Und dass Liesel recht hatte. ‚Sie hat wie immer recht‘, dachte sich Lotti. Aber darum geht es ja nicht.
„Du hast ja die Bauchweh, nicht ich“, sagte Liesel nach einer Weile des Schweigens. „Ich verstehe das wirklich nicht. Wenn du weißt, dass es dir nicht gut geht nach diesen Kirschen, denkst du denn da gar nicht daran?“. Liesel hatte kein Verständnis für Lotti. Sie ärgerte sich auch, dass sie nun wertvolle Zeit verlieren bei ihrer Nahrungssuche. Liesel versuchte dann aber, sich zu entspannen, es nützte ja alles nichts und legte sich ins Gras. So konnte sie die Wolken, die vorbeiziehen, beobachten.
„Lotti, guck mal da oben, die Wolken. Wollen wir Wolkenraten machen? Die Wolke dort sieht aus wie…“ „Wie eine dicke Hummel“ quatschte Lotti rein. „Jaaa“ – und Liesel konnte ein bisschen lachen. So ging das eine ganze Weile. Allmählich ging es Lotti auch besser. Sie dachte schon gar nicht mehr an ihre Bauchschmerzen.
„Und die da – wie unser Nest“, kicherten sie zusammen.
„Oh, wie unser Nest! Lotti, wir müssen nach Hause! Geht es dir wieder besser?“ „Ja! Wir können losmachen“. Und so nahmen sie ihre Portionen unter ihren Körper, hielten sie ordentlich fest und flogen los.
„Du Liesel“, fing Lotti an, die das schlechte Gewissen plagte. „Sag Mama nichts davon, ich meine, von den Kirschen und dem Bauchweh“. Liesel musste schon ein bisschen schmunzeln, sagte dann aber: „Denkst du, dass ich eine Petze bin?“ Liesel wusste nicht, ob sie nicht doch ein bisschen beleidigt sein wollte.
„Nein, natürlich nicht…“. Lotti kam sich plötzlich so albern vor. Von ihrer Schwester zu denken, dass sie sie verpetzt, war nicht schön. Sie kennt doch ihre Liesel und weiß ganz genau, dass sie sowas nie machen würde. Geheimnisse sind bei Liesel sehr gut aufgehoben. Und das weiß auch Lotti.
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