Weihnachten ist auch bei Liesels Familie immer viel los. Es ist eine besondere Zeit für alle – für die Mama, Liesel, Lotti und Leo. In diesem Jahr gibt es aber noch eine Besonderheit: Liesels Mama lädt ihre Nachbarin ein und mit ihrem Jungen – dem Emil. Er und seine Mama wären sonst ganz allein. Das wäre natürlich auch schön, aber noch viel schöner ist es freilich, wenn alle gemeinsam feiern können.
Und natürlich hat auch Liesels Familie einen Weihnachtsbaum, einen ganz kleinen natürlich, aber immerhin. Er wurde schon wunderschön geschmückt und auf der Tannenspitze sitzt ein kleiner Weihnachtsengel und hat den besten Blick auf all das, was heute Abend noch geschehen wird. Der kleine Engel freut sich, dass er nach einem Jahr wieder aus seinem Karton geholt und seiner Bestimmung gemäß ganz vorsichtig auf den Weihnachtsbaum gesetzt wird. Auch die Weihnachtskugeln in bunter Vielfalt baumeln fröhlich am Weihnachtsbaum und freuen sich, dass sie Liesels Familie so viel Freude bereiten können. Das Schönste ist nämlich, nicht nur sich selbst, sondern vor allem anderen Freude zu bereiten – und Weihnachtskugeln können das natürlich am besten am Weihnachtsbaum.
Auch sonst ist das Nest von Liesel ein einziges Weihnachtsnest. Überall glitzert und flimmert es. In den kleinen Fenstern stehen winzige Schwibbögen, auf dem Tischlein steht ein kleiner, hübsch verzierter Adventskranz, auf dem nun vier Kerzen brennen – für jeden Advent eine Kerze. Und natürlich stehen ganz viele Leckereien auf dem kleinen Esstisch. Hackepeter und Nektar dürfen nicht fehlen. Liesels Mama und auch Emils Mama haben all das wunderschön hergerichtet – es fehlt an nichts.
Liesel und ihre Geschwister sitzen gemeinsam mit Emil in Liesels Zimmerchen und warten, dass die Mama mit einem kleinen Glöckchen läutet. Das bedeutet nämlich, dass sie nun in die kleine Weihnachtsstube dürfen. Währenddessen muss natürlich die Aufregung weggenascht werden – und die vier sind ganz schön aufgeregt, somit muss viel genascht werden.
Klingeling, klingeling… das ist das Zeichen. Die vier springen auf und laufen geschwind zu diesem vielversprechenden Läuten. Die Mama steht vor der Tür, in der rechten Hand hält sie ein kleines goldfarbenes Glöckchen, das auch nur an diesem einen Tag im Jahr aufgeweckt wird. Die Mama öffnet die Tür und nun offenbart sich der wunderschön geschmückte Weihnachtsbaum mit dem Engelchen auf seiner Spitze. Liesel und ihre Geschwister und auch Emil bekommen große leuchtende Augen beim Anblick dieses wunderschönen Baumes. Die beiden Mamas können zaubern, das steht fest. So etwas Tolles hat die Welt noch nicht gesehen.
Nachdem nun alle auf ihren kleinen Stühlchen Platz genommen haben, klopft es an der Tür. Leo erschrickt und seine Mama fragt, ob denn nicht eines der Kinderlein die Tür öffnen möchte?! Aber so furchtlos wie die vier im ganzen Jahr sind, haben sie doch nun ein bisschen Furcht vor dem, was sich vor der Tür befindet – oder vor demjenigen, der da geklopft hat. So öffnet Liesels Mama die Tür und herein kommt ein alter Mann mit einer schönen roten Mütze mit einer schneeweißen Bommel und schneeweißen Krempe und einem wunderschönen, genauso roten Mantel mit schneeweißem Kragen und weißen Handschuhen. Auch trägt er einen langen weißen Bart und seine Augenbrauen sind lang und weiß und ein bisschen vom Schnee bedeckt. Seine Schultern sind genauso mit etwas Schnee bedeckt, den Liesels Mama rasch mit einem kleinen Besen abkehrt. Den großen Sack, den er bei sich trägt, stellt er vorsichtig ab. Der alte Mann begrüßt die Familie freundlich und seine lustigen Augen lassen erkennen, dass keiner vor ihm Angst haben muss. Im Gegenteil – aber die vier Wespenkinder bekommen große Äugelein und kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Wer mag das wohl sein? Ein alter, freundlicher Mann besucht sie in der verschneiten Dunkelheit und sieht obendrein noch so besonders aus.
Als Liesel ihre Stimme wiedergefunden hat, fragt sie ihn vorsichtig, obwohl sie schon ein bisschen Respekt vor dem Fremden hat: „Wer bist du?“.
„Wer ich bin? Nun, man nennt mich Weihnachtsmann.“, antwortet der alte Mann freundlich.
„Und warum kommst du uns besuchen? Bist du ganz allein und hast niemanden, mit dem du feiern kannst?“, fragt Liesel weiter.
„Ich bin nicht allein, mein Kleines. Ich habe ganz viele Elfen, die sind meine Familie.“ Liesel kneift ein Äugelein zusammen und sieht den Weihnachtsmann mit schrägem Kopf an.
„Du bist aber ganz schön alt. Und du kommst bestimmt von weit her?“.
„Oh ja, ich bin schon viele hundert Jahre alt und ich wohne weit oben im Norden. Dort ist es immer kalt.“ Liesel lächelt zufrieden – und der Weihnachtsmann fragt nun die vier Kinder, wie sie denn heißen und ob sie ihm ein kleines Gedichtlein oder ein Liedchen singen möchten.
Liesel beginnt – sie nennt ihren Namen und singt ein kleines Weihnachtslied, das sie in der Schule gelernt hat. Der Weihnachtsmann bedankt sich freundlich und gibt ihr aus seinem großen braunen Sack, der schon ziemlich viel herumgereist ist, denn ihn hält der eine oder andere Stoffflicken zusammen, ein kleines Geschenk. Liesel freut sich sehr und bedankt sich beim Weihnachtsmann.
Nun ist Leo an der Reihe, der sich hinter seinem Kumpel Emil versteckt. Nur ganz zögerlich tritt er an den Weihnachtsmann heran. Leo beäugt ihn und sieht in seine freundlichen blauen Augen. Auf einmal hat er gar keine Angst mehr vor dem fremden Gast. Und auch Leo nennt seinen Namen und trägt ein lustiges Gedicht vor. Der Weihnachtsmann muss über ein bisschen lachen – und Leo bekommt dafür ebenso wie seine Schwester ein kleines Geschenk aus dem großen Sack und trägt es feierlich an seinen kleinen Stuhl.
Als nächstes ist Lotti dran. Aber wo ist sie denn geblieben? „Lotti?“, fragt ihre Mama besorgt, als sie ihr kleines Mädchen unter dem Weihnachtsbaum entdeckt. Lotti hat ihre Beinchen angezogen. „Was ist denn los?“, fragt die Mama ganz besorgt.
„Ich weiß nicht. Mir ist auf einmal ganz komisch im Bauch.“, antwortet Lotti und schaut ihre Mama an – und dann schweift ihr Blick an der Mama vorbei zum Weihnachtsmann, der noch immer auf seinem Stühlchen sitzt und besorgt zur Lotti schaut.
„Hm, da müssen wir vielleicht die Ambulanz rufen. Wer weiß, was mit dir ist.“ Gesagt – getan.
Kurze Zeit später kommt die Ambulanz mit großem Tatütata angeflogen. Der Doktor eilt mit einer kleinen Krankenschwester und einem noch kleineren Köfferchen mit einem großen weißen Kreis mit einem roten Kreuz darauf zur Lotti.
„Was fehlt ihr denn?“, fragt die Mama und der Doktor lächelt die Mama an und antwortet: „Lotti hat wohl in ihrer Aufregung wegen des Weihnachtsmannes zu viel gefuttert – und nun ist ihr übel geworden. Aufregung und zu viel gegessen – da kann man schon mal Bauchweh kriegen. Aber das geht fix vorbei.“ Der Doktor streichelt Lotti über ihr Köpfchen, winkt den anderen Kindern zum Abschied und zwinkert dem Weihnachtsmann zu. Mit genauso viel Tatütata fliegt der Doktor mit der Krankenschwester wieder von dannen.
Nach all der Aufregung kann nun die Bescherung weitergehen.
Emil ist das nächste Kind, das genau wie Liesel und Leo etwas Kleines aufsagt und ein kleines Geschenk erhält.
Inzwischen hat sich Lotti erholt, denn sie ist an der Reihe und bekommt vom Weihnachtsmann ihr Geschenklein.
Auch die beiden Mamas bekommen ein Geschenk – und alle freuen sich sehr über ihre Gaben.
„So, nun muss ich aber zu den nächsten Kindern.“, sagt der Weihnachtsmann und Liesel fragt, ob er denn noch viele Kinder besuchen muss.
„Oh ja, ich muss in dieser Nacht noch um die halbe Welt reisen.“, antwortet der Weihnachtsmann mit tiefer freundlicher Stimme.
„Bekommst du auch ein Geschenk?“, möchte Leo wissen.
„Ja, weißt du, das alles macht mir sehr viel Freude. Kinder zu besuchen und sie zu beschenken und ihre leuchtenden Augen zu sehen, ist das schönste Geschenk, das ich bekommen kann.“
Mit diesem Worten verabschiedet sich der Weihnachtsmann von der kleinen bunten Wespen-Familie, winkt ihnen zu, steigt in seinen Schlitten und fliegt in die Nacht hinein.
Die kleine Familie rennt zum Fenster und winkt dem Weihnachtsmann nochmals zu – bis er nicht mehr am Nachthimmel zu sehen ist.
„Das war toll!“ – Liesel klatscht vor Freude in ihre kleinen Hände.
„Und nun wollen wir alle schauen, was sich in den Päckchen befindet.“, sagt Liesels Mama und alle packen ihre Geschenklein aus – einer nach dem anderen, damit alle sehen können, was sich in den kleinen geheimnisvollen Päckchen befindet.
Und danach wird gegessen – auch Lotti kann wieder vom Hackepeter und Nektar und all den Köstlichkeiten essen, denn ihr Bäuchlein hat sich nun beruhigt.
Auch werden Lieder zur Weihnacht gesungen und alle freuen sich über diesen besonderen Abend.
Als zur halben Nacht alle zu Bett gehen, wird die Welt mit einem wunderschönen glitzernden Weiß bedeckt – auch Liesels Familie schläft nach der Aufregung friedlich im Zauber dieser Weihnachtsnacht und gewiss träumen sie von dem alten freundlichen Mann, den man Weihnachtsmann nennt und der allen Kindern auf der Welt kleine Geschenke bringt.
Die Geschichte – Weihnachten bei Liesel und ihrer Familie – kostenfrei als .pdf-Datei downloaden.